70 Jahre Bundesrepublik-30 Jahre Mauerfall
Herbert Kihm
Vormerkung: Dieser Kontext zog sich durch die gesamte Tagung und wurde von den verschiedenen Referenten aus unterschiedlichen Blickwinkeln beleuchtet.
Der folgende Kurzbericht fasst diese Vorträge nach persönlichen Aufzeichnungen zusammen und ist daher weder vollständig noch als ein formales Protokoll zu betrachten.
Hier vorab die referierenden Personen in zeitlicher Reihenfolge ihrer Vorträge:
Werner Schreiber (*1941), ehemaliger Minister für Arbeit und Soziales des Landes Sachsen-Anhalt,
Dieter Althaus (*1958), ehemaliger Ministerpräsident des Freistaates Thüringen,
Antje Tillmann, MdB (*1964), Bundestagsabgeordnete für Erfurt, Weimar und Grammetal.
Werner Schreiber beschrieb in seinen Ausführungen die unterschiedlichen wirtschaftlichen Entwicklungen der BRD und der DDR nach dem 2. Weltkrieg, wobei deren Startphasen schon sehr differierten.
So musste die DDR ohne einen Marshallplan und ohne Londoner Schuldenabkommen auskommen, durch Enteignungen und Sozialisierung fiel sie wirtschaftlich auf den Stand von 1938 zurück. Ein Grund, der 1953 u.a. dann zum Arbeiteraufstand geführt hat.
Sicherlich negativ wirkte sich auch die sog. Hallstein Doktrin (1955-1969) aus, die besagte, dass die Aufnahme diplomatischer Beziehungen zur DDR durch Drittstaaten als unfreundlicher Akt gegenüber der Bundesrepublik betrachtet werden müsse. Die sozialliberale Koalition unter Willy Brandt gab die Hallstein-Doktrin später auf; Stichwort: “Neue Ostpolitik.“
Die Bundesrepublik hatte demgegenüber wie oben erwähnt deutlich bessere Startbedingungen. Von enormer Bedeutung für den wirtschaftlichen Aufstieg war dabei die Einführung der Sozialen Markwirtschaft, die mit dem Namen Ludwig Erhards verbunden ist.
*
Dieter Althaus stellte vorab die katastrophale wirtschaftliche Situation der DDR im Jahre 1989 heraus, die DDR war schlichtweg bankrott, die Infrastruktur desolat (Schürer-Bericht: “Analyse der ökonomischen Lage der DDR mit Schlussfolgerungen“, Politbürovorlage,30.10.1989)
Durch den Fall der Berliner Mauer und die Freiheitsentwicklung in den sozialistischen Ländern (Prager Frühling) ergaben sich völlig neue Entwicklungen in Europa.
Die rasche, aber politisch notwendige Wiedervereinigung brachte dabei Riesenproblem mit sich. Hier nur wenige Stichworte dazu: Umbau der Planwirtschaft, Währungsunion, konstitutive Veränderungen, Umbau des Schulsystems oder der Landwirtschaftsstruktur, Einführung einer kommunalen Selbstverwaltung, etc.
Althaus schloss mit einem Ausblick auf die wirtschaftliche Entwicklung in einer globalisierten Welt, die nach seiner Auffassung nationale Alleingänge anachronistisch mache. Er wies dabei auf die zwingende Notwendigkeit hin, dass Europa eine konsensuale Politik finden müsse, wenn es seine Rolle in der Welt stärken wolle, wichtig dabei erachte er auch ein wirtschaftliches Übereinkommen mit China.
*
Frau Antje Tillmann stellte die unterschiedlichen Befindlichkeiten in den neuen und alten Bundesländern und der Ursachen bei ihren Ausführungen in den Mittelpunkt.
Sie betonte dabei, dass alles, was mit Geld zu lösen war, aufgewendet wurde (Solidaritätspakt, Sonderprogramm Ost), dass aber das Wunschdenken vieler Menschen im Osten – „Das Gute der DDR bleibt, alles Schlechte verändert die BRD“ - unerfüllt blieb.
Frau Tillmann machte aber auch sehr deutlich, dass Vergleiche dabei auch oft hinken, so sei Erfurt sicher nicht vergleichbar mit Regionen in der Eifel oder eben Chemnitz mit München.
Eingehend auf die jüngsten politischen Entwicklung im Osten, führte sie aus, dass die Parteienbindung dort sehr viel geringer sei als in den westlichen Bundesländern, auch sei die Erwartungshaltung nach der Wiedervereinigung bei vielen Bürgerinnen und Bürgern viel zu hoch gewesen und manche Dinge und Versprechen seien nicht umgesetzt wurden oder schlicht nicht umsetzbar gewesen(s.o.).
Frau Tillmann sah es als eine der wichtigsten Aufgabe für die gegenwärtige Politik, dass den Wählerinnen und Wählern vermittelt werden müsse, dass „Extremparteien“ die Probleme nicht lösen werden können und dass Demokratie manchmal langsam und mühsam ist.